Eine Welt aus den Fugen
Man wird kaum umhinkommen, Stan Laurel und Oliver Hardy in vielen ihrer Filme allerbeste Absichten zu attestieren. Sie bemühen sich redlichst um neue Beschäftigung, koste es auch eine Verkleidung Stans als Frau. Keine Aufgabe ist ihnen zu anstrengend, auch wenn es den Transport eines Klaviers über eine endlose Treppe oder das Eindringen in das Haus eines säumigen Schuldners bedeutet. Wenn es für ein Orchester nicht reicht, betätigen sie sich auch als Straßenmusikanten. Eine zum Freitod scheinbar bereite Dame wird kurzerhand gerettet. Und für ein vaterloses Mädchen suchen sie mühsam die zugehörige Familie. Es gibt also keinen guten Grund, warum die beiden Herren in dieser Welt nicht belohnt werden sollten.
Stattdessen wendet sich die Welt gegen Stan & Ollie. Der Kontrast zwischen ihrem zumindest anfänglich unerschütterlichen Optimismus und Tatendrang zu dem in den Filmen hervorlukenden düsteren Weltbild könnte kaum größer sein. Ihre Flucht in Naivität, Kindlichkeit, Traum und Surrealismus erscheint geradezu als Schutzmaßnahme, als Garant ihres steten Willens zum Neubeginn. Wer möchte, kann hier Kritik an der damals "modernen" Gesellschaft herauslesen. Und wer möchte behaupten, die negativen Aspekte unserer Konsum-, Spaß- und Leistungsgesellschaft hätten sich in den inzwischen vergangenen rund 90 Jahren verflüchtigt? Die Symptome einer Welt aus den Fugen sind auch und insbesondere in der Gegenwart spürbar. Nur ist kein Stan und kein Ollie weit und breit zu finden, um das Dasein auf kindlich-naive Weise zu meistern.