Slow Burn
Der "Slow Burn" steht für die geradezu superzeitlupenhafte Reaktion des Darstellers auf ein Ereignis. Das Ereignis kann die Aggression eines Mitmenschen sein, ein Unfall oder auch die Einsicht in tatsächliche Gegebenheiten. Stan & Ollie haben den "Slow Burn" zwar nicht erfunden, aber aufgenommen und meisterhaft weiterentwickelt.
Hierbei soll Regisseur Leo McCarey nach eigenen Angaben eine entscheidende Rolle gespielt haben. Ihm soll während der Dreharbeiten zu "From Soup to Nuts" (1927) das Tempo der Szene mit Anita Garvins Kirsche zu hoch gewesen sein. Generell hatte er den Eindruck, dass die Schauspieler in der Regel zuviel machten. Als dann Ollie mit der Torte in den Händen stolperte und sein Gesicht darin wiederfand, soll McCarey sinngemäß gerufen haben "Nicht bewegen! So bleiben!". Ollie verharrte etwas länger mit dem Gesicht in der Torte und richtete sich mit Resten der Torte im Gesicht in Zeitlupe wieder auf. Diese Technik stand im krassen Gegensatz zum Tempo der damals üblichen Filme, beispielsweise von Mack Sennett. Das Publikum konnte sich in dieser Szene mehrfach erheitern. Erst über das Unglück selbst und anschließend über die langsame Reaktion des Verunglückten. Der "Slow Burn" kam als Methode der Komik so gut an, dass er von Stan & Ollie immer weiterentwickelt wurde und sich auch auf weitere Charaktere in den Filmen erstreckte. Insbesondere aber Oliver Hardy beherrschte den "Slow Burn" meisterhaft. Und er hatte aufgrund Stans steter Fehlleistungen und vieler eigener Missgeschicke sehr häufig Gelegenheit, diese Technik einzusetzen.
Theo Lingen hat den auch gerne als "Lange Leitung" übersetzten Slow Burn in einer seiner berühmten Filmeinleitungen auf folgende Weise versucht, näher zu definieren: "Der lange Moment der Fassungslosigkeit, in dem man versucht, den Schlag zu verdauen, den einen das Schicksal versetzt hat. Die Zeitspanne, in der man des ganzen Leids der Menschheit inne wird und zugleich Mut fasst, es mit der Unerbittlichkeit des Schicksals aufzunehmen."
Ein Beispiel dafür, dass diese Komik der Verzögerung auch in unfallfreien und gewaltlosen Szenen funktionierte, ist in "Die Wüstensöhne" zu sehen. Hier sitzt Stan an einem Tisch im Hause Hardy und knabbert immer wieder heimlich an einem Apfel aus dem Teller mit Tischobst. Seine Einsicht, dass es sich um recht schwer verdauliches Zierobst aus Wachs handelt, wächst trotz zunehmender Schluckprobleme sehr langsam. Auch das ist "Slow Burn" in Reinkultur, eine Methode in den Filmen von Laurel & Hardy, die seit 1927 nicht mehr wegzudenken war.