Oliver Hardy (Norvell Hardy)
Wirtschaftlich schwierige Verhältnisse, früher Tod des Vaters
Norvell Hardy wurde am 18. Januar 1892 in Harlem geboren, einem Ort im US-Staat Georgia. Sein Vater Oliver Hardy war zunächst Aufseher bzw. Vorarbeiter bei einer Eisenbahngesellschaft, musste jedoch aus gesundheitlichen Gründen den Beruf wechseln. Vor seinem plötzlichen Tod am 22. November 1892 war er Leiter eines örtlichen Hotels. Hierbei unterstützte ihn auch seine 18 Jahre jüngere Frau Emily. Nach dem Tod ihres Mannes verlor sie auch die Anstellung in dem Hotel und musste gleichwohl fünf Kinder ernähren. Oliver Hardy sen. brachte zwar bereits erwachsene Kinder in die Ehe ein. Aber neben Norvell Hardy galt es, zwei weitere Söhne und zwei Töchter zu versorgen, die Emily aus ihrer ersten Ehe mitbrachte. Mutter Emily meisterte diese Situation, indem sie ein eigenes Hotel betrieb. Etwas später, um die Jahrhundertwende, konnte Emily im Zuge der Heirat ihrer ältesten Tochter in eine finanziell begünstigte Familie das angesehene "Baldwin Hotel" im benachbarten Milledgeville übernehmen. Ab diesem Zeitpunkt lebte die Familie in Milledgeville. Norvell Hardy nannte sich später zu Ehren seines früh verstorbenen Vaters Oliver Norvell Hardy.
Bedeutende Kleinigkeiten für die spätere Filmkarriere
Oliver Norvell hat später selbst erwähnt, dass seine frühe Kindheit zwar unspektakulär gewesen sei, aber mit dem Hotel im familiären Umfeld habe er sich angewöhnt, vorbeikommende Menschen zu beobachten. Dabei seien ihm schon Verhaltensweisen und Marotten aufgefallen, die er später als Schauspieler verarbeiten konnte. Auch waren im Hotel der Mutter Schauspieler, Sänger und Tänzer zu Gast, deren Geschichten Ollie häufiger gelauscht haben muss. Auch die Liebe der Mutter zur Musik war mit Sicherheit nicht unbedeutend für die spätere Prägung des kleinen Jungen. Ollie war zudem mit einer schönen Sopranstimme gesegnet und nahm schon früh Gesangsunterricht. Bereits mit acht Jahren ging er mit einer kleinen Gesangstruppe auf Tournee durch die Südstaaten. Auch seine Leibesfülle war ein solches Detail mit langfristiger Bedeutung. Schon bei der Geburt lag Ollie deutlich über dem Durchschnitt. Und auch als Junge liebte er das Essen. Das nahm noch extremere Formen an, wenn er verspottet wurde und nachdem er als Jugendlicher mit ansehen musste, wie sein Bruder Sam in einem See ertrank.
Gesangsunterricht, Militärschule, erster Job und große Ambitionen
Schon als Jugendlicher hatte Ollie das Ziel, den Gesang zum Beruf zu machen. Mutter Emily finanzierte ihm auch ein Gesangsstudium im 100 Kilometer entfernten Atlanta. Ollie zog es aber vor, in Lichtspielhäusern Diavorträge mit seinem Gesang zu begleiten. Das wiederum verärgerte die Mutter. Sie schickte ihn auf eine Militärschule. In dieser Zeit musste er eine Menge Spott bezüglich seiner Leibesfülle über sich ergehen lassen. Und in dieser Zeit lag auch das Unglück mit seinem Bruder Sam. Ollie weigerte sich, die Militärschule weiterhin zu besuchen. Auch der Besuch eines College behagte ihm nicht. Er blieb in Milledgeville und landete nach einem ersten Aushilfsjob am Opernhaus im ersten Kino des Ortes, dem "Electric Theatre". Von diesem Umfeld war Ollie so begeistert, dass er sich innerhalb von drei Jahren vom Kartenabreißer bis zum stellvertretenden Geschäftsführer hochgearbeitet hatte. Ollie konnte hier eine Menge Kurzfilme, in der Regel Komödien, sehen und wollte nun auch auf die Leinwand. Er hörte von der aufstrebenden Filmindustrie in Jacksonville, nicht fern seiner Heimat.
Erste Filmrolle für "Babe" und wachsender Bekanntheitsgrad
Dank seiner guten Stimme bekam Ollie recht schnell kleine Jobs in Bühnenshows. Hierbei lernte er die Pianistin Madelyn Saloshin kennen, die er Ende 1913 heiratete. Über Madelyns Kontakte kam er zu einem Job bei der Lubin Film Company, wo er 1914 seine erste Filmrolle erhielt. Im Film "Outwitting Dad" wurde ein beleibterer Darsteller gesucht. Ollie überzeugte aber nicht nur mit seiner Körperfülle. Anschließend erhielt er einen gut bezahlten Vertrag als Schauspieler. Ollie war in seinen frühen Filmrollen der klassische, mächtige Bösewicht, der dem Hauptdarsteller das Leben schwer macht, aber am Ende in die Röhre schaut. Ungefähr in diesen filmischen Anfängen ist auch der Spitzname "Babe" entstanden. Verantwortlich dafür soll der italienische Friseur der Studios gewesen sein, der nach jeder Glattrasur Ollies dicke Bäckchen mit Puder bestäubt und dabei in italienischer Art "Nice-a-Baby" gesagt haben soll. Zeugen dieses Rituals haben ihn fortan "Babe" genannt. Insgesamt hat "Babe" in ca. 50 Filmen von Lubin gespielt und wurde in der Filmbranche bekannter. Ein Feuer, bei dem alle Negative - auch der früheren Filme von Oliver Norvell - vernichtet wurden, bedeutete das Ende der Lubin-Studios.
Erste Teambildung und erstes Filmtreffen mit Stan
Nach einer ersten Teambildung für eine Serie von rund 30 Slapstick-Filmen mit Billy Ruge für VIM Comedies Company wurde Ollie von Louis Burstein für die King Bee Studios verpflichtet. Deren größter Star war zu jener Zeit Billy West, der sich als Chaplin-Imitator einen Namen gemacht hatte. Oliver Norvell imitierte entsprechend den klassischen Chaplin-Widersacher Eric Campbell. Im Herbst 1917 zogen die Studios nach Hollywood um, zufällig nahezu zeitgleich landeten sowohl Stan Laurel als auch Oliver Norvell Hardy in Amerikas Filmhauptstadt. 1918 ging die Serie mit Billy West zu Ende. Ollie fand aber sehr schnell wieder Arbeit in anderen Studios. So kam es noch im gleichen Jahr zum eher zufälligen ersten Filmtreffen mit Stan in "Lucky Dog".
Die Bedeutung Larry Semons für Ollies weiteren Weg
Ollie war inzwischen als der "Schwergewichtige" bzw. "Heavy" in der Szene bekannt. Gegen Ende des Jahres 1920 wurde er von den Vitagraph Studios als Gegenspieler des damaligen Starkomikers Larry Semon verpflichtet. Etwa zur gleichen Zeit heiratete Ollie die Vitagraph-Schauspielerin Myrtle Lee Reeves, nachdem er sich ein Jahr zuvor von seiner ersten Frau Madelyn getrennt hatte. Mit Larry Semon verband Ollie eine Freundschaft. Durch Semon wurde er an seine spätere Leidenschaft, das Golfspielen, herangeführt. Und es war auch Semon zu verdanken, dass Ollie letztlich bei Hal Roach landete. Semon wollte seine Popularität zu (mehr) Geld machen, was aber Vitagraph nicht behagte. So kam es zum Bruch. Ohne Semon gab es auch keine Verwendung mehr für seinen filmischen Gegenspieler, Oliver Norvell Hardy. Dieser fand zunächst vereinzelt Arbeit bei Hal Roach, im Februar 1926 schließlich unterzeichnete Ollie einen dauerhaften Vertrag mit den Hal Roach Studios. Die Zusammenarbeit sollte bis 1940 anhalten.
Die Zusammenführung mit Stan Laurel
Letztlich ist es dem Regisseur Leo McCarey zu verdanken, dass er Ollies Talent entdeckt hat und ihm Rollen in Filmen von Charley Chase sowie den "Kleinen Strolchen" gab. Für die Zusammenführung mit Stan Laurel musste jedoch ein Zufall herhalten: Für den Film "Get 'em young" musste Ollie kurzfristig wegen einer Verletzung passen. Stan Laurel sprang ein und überzeugte Hal Roach vor der Kamera. In folgenden Filmen wurden nun für beide Schauspieler Rollen in den Filmen vorgesehen. Sie spielten darin zunächst eher nebeneinander. Aber schon bald erkannte wiederum Leo McCarey das Potenzial in einer Teambildung der beiden. Im Film "Duck Soup" (1927) sind Stan Laurel und Oliver Hardy erstmalig als Duo vorgesehen. In einigen folgenden Filmen geht diese Zusammenführung zwar wieder etwas verloren. Aber spätestens seit dem Film "The Second Hundred Years" sind Stan & Ollie dauerhaft ein Filmpaar. In den vielen gemeinsamen Filmen, die nun entstanden, begnügte sich Ollie mit seiner Funktion als Schauspieler, während Stan auch hinter der Kamera agierte.
Von Hal Roach zu den großen Studios Hollywoods
Nachdem es 1938 zwischen Stan Laurel und Hal Roach zum Bruch kam, war Ollie noch eine Weile bei Hal Roach unter Vertrag. Es entstand der Film "Zenobia" mit Harry Langdon. Dieser blieb weit unter der Qualität üblicher Stan & Ollie-Streifen. Hal Roach musste erkennen, dass er auch Stan als Pendant zu Ollie brauchte. Im Jahre 1939 kam es noch einmal zu jeweils einjährigen Verträgen zwischen den beiden Komikern und Hal Roach. Aber nach "Saps At Sea" war endgültig Schluss. Es kam zu einem Wechsel der beiden zu den großen Hollywood-Studios. Die hier produzierten Filme kamen nicht mehr an die Qualität und Ursprünglichkeit der früheren Werke heran. Es fehlte beiden die künstlerische Freiheit, insbesondere die Möglichkeit der Improvisation. 1945 war mit dem Film "The Bullfighters" das Ende des Duos in Hollywood gekommen. Den filmischen Schlusspunkt bildete 1951 die europäische Produktion "UTOPIA", die sehr unter den schlechten Gesundheitszuständen beider Komiker leidet. Kleinere Nebenprojekte von Oliver Norvell Hardy wie bspw. der Film "The Fighting Kentuckian" an der Seite von John Wayne (1949) seien nur am Rande bemerkt.
Schwere gesundheitliche Probleme bis zum Ende
Gesundheitlich ging es für Ollie in den 50er Jahren dramatisch bergab. Im Winter 1954/55 erlitt er nicht seinen ersten Herzinfarkt und musste sein Gewicht auf ärztlichen Rat extrem reduzieren. Er verlor innerhalb weniger Monate rund 150 Pfund, was ihn aber nicht vor einem dritten Infarkt Ende 1955 bewahrte. Im September 1956 machte Ollie ein schwerer Schlaganfall endgültig zum Pflegefall. Weitere Schlaganfälle folgten zu Beginn des Jahres 1957. Ollie lag seit dieser Zeit im Koma. Am 7. August 1957 starb Oliver Norvell Hardy im Elternhaus seiner letzten Frau Lucille. Seine Urne wurde auf dem Friedhof "Garden of Valhalle" in Hollywood beigesetzt. An seiner Grabstätte haben die "Sons of the Desert" 1977 folgende Zeilen angebracht:
A GENIUS OF COMEDY
HIS TALENT BROUGHT JOY AND
LAUGHTER TO ALL THE WORLD