William Gilbert Baron (Billy Gilbert)
Im wahrsten Sinne ins Theater hineingeboren
William Gilbert Baron wurde am 12. September 1894 in Louisville (Kentucky) in einer Garderobe des Hopkins Opera House geboren. Seine Mutter, Anna Goodman Baron, musste für die Geburt kurzerhand die Bühne verlassen. Sein Vater, Louis Baron, war Tenor bei der Metropolitan Opera Company.
Frühe Gesangskarriere
Vater Louis gab seinem Sohn persönlich Gesangsunterricht. Im Alter von neun Jahren gab der kleine William mit Knabensopranstimme bereits sein Profi-Debüt in einem Theater in San Francisco. Er galt beim Publikum in San Francisco sehr bald als großes Talent. In den darauf folgenden Jahren war William Gilbert bereits Teil einer Kindergesangsgruppe.
Wechsel zur Schauspielerei und Entwicklung des "dutch characters"
Nach dem Stimmbruch zog es den Jungen zum Vaudeville-Theater, wo er sich auf den Plakaten bereits "Billy Gilbert" nannte. Hier entwickelte er recht bald den sogenannten "dutch comic", hier gemeint als komischer Charakter mit deutschem Einschlag in Gestik und Sprache. Sein Bühnencharakter war fortan für geniale Wutanfälle mit deutschem Akzent und wild fuchtelnder Gestik bekannt.
Berühmte Niesanfälle
Noch prägender für den Schauspieler Billy Gilbert sollte der "sneezy character" werden. Billy soll später angegeben haben, diesen in einer schlecht besuchten, langweiligen Aufführung spontan gebracht zu haben. Dieser gespielte, brachiale Niesanfall soll so gut beim Publikum angekommen sein, dass er fortan immer wieder gebeten oder gar aufgefordert wurde, diesen zu wiederholen. Die Filme mit Stan & Ollie bilden die ganz große Ausnahme. Dort ist diese Nummer von ihm nie zu sehen. Aber selbst Walt Disney soll auf Billy Gilberts Niesen für die Nachsynchronisation von Sneezy, dem erkälteten Zwerg aus "Schneewittchen und die sieben Zwerge", zurückgegriffen haben.
Lange Reise zu Hal Roach
Nach einer Zeit des Umherziehens in den USA und Mexiko trat Billy Gilbert, gerade 18 Jahre alt, am Broadway auf. Er verdiente über die Jahre sehr gut, verlor aber beim Crash 1929 ein Vermögen. Billy Gilbert reiste wieder durchs Land und trat eines Tages in einer Revue in Los Angeles auf. Hier wollte es der Zufall, dass Stan Laurel zugegen und von den Texten beeindruckt war. Als er erfuhr, dass diese von Billy Gilbert selbst stammten, erhielt dieser kurze Zeit später einen Fünfjahresvertrag bei Hal Roach.
Erster Film mit Stan & Ollie
Nicht zuletzt aufgrund dieser Vorgeschichte ist anzunehmen, dass Hal Roach Billy Gilberts Talent insbesondere in der Kreation von Texten und Gags sah. Aber wie schon die Geschichte von Stan Laurel und Oliver Hardy zeigt, ging es in den relativ kleinen Studios von Hal Roach nicht stur nach Plan. Jeder musste überall mit anfassen, wenn es die Situation erforderte. Und so war Billy Gilbert recht bald auch mit Stan & Ollie vor der Kamera zu sehen, erstmalig in "One Good Turn" (1931).
Professor Theodor von Schwarzenhofen
In einem der besten Kurzfilme von Stan Laurel und Oliver Hardy, "The Music Box", sollte Billy Gilbert nach eigenen Angaben Regie führen. Allerdings fand sich niemand, der die Rolle des Hausbesitzers spielen konnte, Professor Theodor von Schwarzenhofen. Billy Gilbert spielte diese beiläufig vor und stieß auf große Begeisterung. Die Regie übernahm James Parrott. Und die Filmwelt wurde um eine kurze, aber überaus prägnante Charakterdarstellung reicher. Man kann sich kaum vorstellen, dass jemand anderes den aufbrausenden, arroganten Professor hätte besser spielen können.
Große Filmografie
Im Zuge dieser Erfahrungen stand Billy Gilbert nun häufiger vor der Kamera. Es gab Filme und Serien. Auch als Regisseur fungierte Billy Gilbert immer mal wieder. Er trennt sich von Hal Roach, um 1938 noch einmal für "Blockheads" zurückzukehren. Und er arbeitet für viele andere Studios in Hollywood. Besonders erwähnenswert ist seine Rolle als "Herring" (Parodie auf H. Göring) in Charlie Chaplins Film "Der große Dikator" (1940). Insgesamt geht die Zahl seiner Filmprojekte in die Hunderte.
Totgesagte leben manchmal etwas länger
In seinen späteren Jahren taucht Billy Gilbert immer mal wieder als Regisseur und Schauspieler am Broadway auf. Sein Tod wurde allerdings zu früh verkündet. Die Zeitung "Daily Variety" soll ihn bereits am 2. Mai 1962 abgeschrieben haben. Gilbert soll die Redaktion telefonisch über diesen Irrtum informiert und den Beweis über eine Vorführung seines Niesanfalls erbracht haben. Billy Gilbert verstarb am 23. September 1971 in Hollywood an einem Herzinfarkt. Seine Asche wurde im Rose Garden des Odd Fellows Cemetery in Los Angeles verstreut. In unmittelbarer Nähe der Stelle wurde eine Erinnerungstafel angebracht.